- die Arme nicht mehr über die Horizontale heben kann,
- grösste Schmerzen bei An- und Ausziehen hat und
- sein Hemd hinten nicht mehr in die Hose stecken kann (was bei Frauen dem Schürzen- oder BH-Griff entspricht).
Nachdem ein guter Orthopäde einen mechanischen Schaden (Ablagerungen oder Schäden im Gelenkskapselbereich) durch Ultraschall-, Röntgen- und eventuell MRT-Untersuchung ausschließen kann, schickt er einen (zusätzlich zu einer Cortison-Spritzen-Kur, die erstmal die Schmerzen lindert) zur Physiotherapie.
Das war mein Glück.
Neben Moorpackungen, Ultraschallmassagen und Stromreizungen wurden mir 10 "Turnstunden" beim Physiotherapeuten verordnet. In 10 Stunden (á 45 Minuten) kann man wahrscheinlich nicht viel ausrichten, dachte ich und wurde dem "Chris" (Praxis Dr. Grestenberger, Wien) zugeordnet. Optimalerweise teilt man die 10 Stunden auf einen längeren Zeitraum (3 Monate) auf, um taktische Tipps zum angewandten Trainigsprogramm zu bekommen.
Die erste "Turnstunde" erwies sich als besonders ausführliches Beratungsgespräch. Chris wollte vieles über mich und meine Gewohnheiten wissen. Schon bald hatte er eine Diagnose parat, die ich beim Orthopäden so sehr vermisste:
Als Computer- bzw. Schreibtischarbeiter hat sich mein Schultergelenk (trotz viel Ausgleichsport) so nach vorne gedreht bzw. verlagert, dass sich der Gelenksspalt an der Vorderseite zu Null verringert hat - und dies verursacht starke Schmerzen.
Mit ausführlichen Erklärungen (auch mit diversen Anschauungsübungen an Skelettpuppen) sollen Muskelgruppen an der Brustseite gedehnt und Muskelgruppen an der Schulterrückenseite gestärkt werden. Damit wird das Schultergelenk wieder nach hinten gedreht bzw. versetzt und nimmt wieder eine Normallage ein.
So einfach ist das.
Der Rest war ein (an meine aktuelle Beweglichkeit angepasstes) Trainingsprogramm, das ich als sehr ehrgeiziger Mensch extrem intensiv durchführte. Wenn ich nicht in einem Fitnesscenter Übungen an Geräten machte, trainierte ich jeden Abend vor dem Fernseher mit Stühlen, Hocker, Theraband und Gewichten (Kochbüchern meiner Frau). Zudem massierte ich meine Schultermuskulatur mit einem Salbei-Olivenöl-Gemisch und setzte mich zur Entspannung noch vor eine wärmende Infrarot-Lampe.
Und tatsächlich spürte ich schon bald geringe, aber stetig zunehmende Fortschritte in meiner Beweglichkeit, die von meinem Orthopäden mit großer Freude bestätigt wurden. Jetzt, nach fast einem halben Jahr intensivem Training, ist meine Schulter zu 99% wieder voll intakt. Meine Schultermuskulatur hat sich merklich sichtbar entwickelt - ich schaffe locker 3 mal 10 Faustliegestütze (Liegestütze mit den Fäusten auf einem Polster im Brustbereich).
Lediglich im Grenzbereich (starke Innen- oder Außenrotation) spüre ich noch Widerstand und leichte Schmerzen. Als (nach wie vor) Schreibtischarbeiter trainiere ich regelmäßig (2 mal in der Woche), um diesen Zustand zu halten.
Nun noch konkret einige Übungen, die mir sehr geholfen haben, der Reihe meiner Entwicklung nach. Dabei ist wichtig, dass man die Übungen seiner aktuellen Beweglichkeit anpasst. D. h. man soll sich immer in den Grenzbereich wagen, aber nie im Schmerzbereich. Die genaue Grenze ist schwierig zu finden, weil auch der Grenzbereich schon sehr unangenehm sein kann:
- Sprossenwanddehnen (gestreckte Arme im Untergriff hinter dem Rücken an einer Sprossenwand) zum Dehnen der Brustmuskulatur (mindestens 2 Minuten dehnen)
- 2-Sesseldehnen (zwischen 2 Sessellehnen "in die Knie gehen" - was man beliebig zu Dips erweitern kann)
- Biszepscurl auf der Schrägbank - mit Daumen hinten
- Faustliegestütz am gepolsterten Sockel (erst auf Knien, dann ohne Sockel, dann auf Zehenspitzen) - meine Lieblingsübung, da sie das Schultergelenk nach hinten positioniert
- Latziehen mit Untergriff (kann später in Klimmzüge mit Untergriff am Reck enden)
- Rudern an der Gewichtsmaschine (bei den ersten 3 Zügen mit Rückendehnen) - eine wichtige Übung, die die hintere Schultermuskulatur kräftigt - 3x12 Wiederholungen
- Am Rücken liegend den Arm rechtwinklig und den Ellbogen rechtwinklig nach hinten zum Boden dehnen (mit einem Buch belasten) ... Außenrotation
- an der Sprossenwand hinter dem Rücken hochgreifen und dehnen (BH-Griff) ... Innenrotation
- Schulterhorn - das ist ein "Trainingsbügel", der gezielte Schulterübungen zulässt (gibt's um 100 Euro unter http://www.schulterhorn.de/) ... ich habe es nicht gekauft, sondern dessen Prinzip mit den Theraband und dem Ellbogen auf einem Tisch improvisiert
- Schulterkappen trainieren (Gewichte mit getreckten Armen seitlich heben)
- Bizepssehen im Schulteransatz quermassieren - sehr entspannend
- Rückenstrecker am Ball, am Boden oder einem Rückenstreckgerät - wichtig ist es dabei immer den Hintern gut anzuspannen
- Nackendehnen mit den Händen, um die hinteren Halsmuskeln zu dehnen
- Situps mit Halsspannung, um die vorderen Halsmuskeln zu stärken
- Schlafen in der Seitenlage wird wieder möglich - jedenfalls mit weggestrecktem Arm in stabiler Seitenlage (das ist dann auch gleich eine Dehnungsübung)
- Dehnen und Strecken im Grenzbereich jederzeit - auch im Büro
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen